Manga als WirtschaftsfaktorBahnhofskiosk in Japan. Ein Großteil des Angebotes besteht aus Manga-Taschenbüchern und -Magazinen
Jugendliche Manga-Leser in einem japanischen Supermarkt
Manga sind eine der Hauptsäulen des japanischen Verlagswesens. Im Jahr 2002 machten sie 38,1 % aller Drucksachen in Japan aus, wovon knapp 28 % auf Manga-Magazine und knapp 11 % auf Manga-Taschenbücher entfielen (in Deutschland umfassen Comics nur ca. 3 % aller Drucksachen).
Statistisch gesehen kauft jeder Japaner pro Jahr 15 Manga (Deutschland: 0,25 Comics pro Kopf und Jahr). Bei den Umsatzzahlen zeigt sich aktuell ein neuer Trend: Während im Jahr 2004 die Gesamteinnahmen bei Manga-Magazinen noch bei ca. 255 Milliarden Yen und bei Manga-Taschenbüchern bei ca. 250 Milliarden Yen (damals zusammen etwa 3,7 Milliarden Euro) lagen, gingen im Jahr 2005 die Einnahmen bei Manga-Magazinen um 5 % auf 242,1 Milliarden Yen zurück (und lagen damit nur noch bei etwa 70 % der Einnahmen im Jahr 1995), während die Einnahmen bei Manga-Taschenbüchern um 4,2 % auf 260,2 Milliarden Yen stiegen[6]. 2005 war also das erste Jahr in der japanischen Verlagsgeschichte, in dem die Gesamteinnahmen bei Manga-Taschenbüchern höher lagen als bei Manga-Magazinen.
AuflagenzahlenDie Gesamtauflage aller Manga (Magazine und Taschenbücher) betrug im Jahr 2004 in Japan 1,38 Milliarden Exemplare, was gegenüber dem Vorjahr einen Rückgang um 3,5 % bedeutete. Für diese seit dem Höhepunkt des Manga-Booms Mitte der 1990er-Jahre stattfindende Reduzierung des Marktes wird unter anderem auch der Rückgang der Geburtenzahlen in Japan insbesondere seit Beginn der 1980er-Jahre verantwortlich gemacht.
Die Gesamtauflage aller Manga-Magazine ging 2005 gegenüber dem Vorjahr um durchschnittlich knapp 7 % zurück. Weekly Shonen Jump, das erfolgreichste Magazin, erlebte 2005 mit knapp drei Millionen verkaufter Exemplare pro Woche einen Rückgang von „nur“ 1,4 % gegenüber 2004; Mitte der 1990er-Jahre waren von dem Magazin allerdings noch sechs Millionen Exemplare pro Woche verkauft worden.
Während durchschnittliche Manga-Serien z. B. im Jahr 1997 mit einer Startauflage von 300.000 bis 500.000 Exemplaren pro Band in den Handel kamen, können die erfolgreichsten Einzelbände Erstauflagen im Millionenbereich erreichen. Den Rekord hält gegenwärtig Band 27 der Serie One Piece: Allein von dessen im Februar 2003 erschienener Erstauflage wurden 2,63 Millionen Exemplare verkauft.
Die erfolgreichsten Manga-Serien in Japan nach Verkaufszahlen (Stand März 2005):
* Kochira Katsushika-ku Kameari-kōen-mae Hashutsujo (Kurzform Kochikame, laufend): 130 Millionen Exemplare
* Dragonball (abgeschlossen): 126 Millionen Exemplare
* Oishimbo (laufend): 111,2 Millionen Exemplare
* Golgo 13 (laufend): 110 Millionen Exemplare
* Detektiv Conan (laufend): 110 Millionen Exemplare
* Slam Dunk (abgeschlossen): 105 Millionen Exemplare
* One Piece (laufend): 100 Millionen Exemplare (2007: 134.171.000 Exemplare)
Golgo 13 (seit 1968) und Kochikame (seit 1977) gehören zugleich auch zu den am längsten ununterbrochen laufenden Manga-Serien und zu denen mit der höchsten Anzahl an Sammelbänden.
Manga-ZeichnerAutoren von Manga werden Mangaka genannt. Es gibt in Japan etliche Möglichkeiten, Mangaka zu werden, z. B. durch einen Sieg bei einem Zeichenwettbewerb oder durch eine erfolgreiche Bewerbung bei einem Verlag. Im Allgemeinen beginnt man dann als Assistent für „Anfängerarbeiten“ im Zeichnerteam eines bereits erfolgreichen Manga-Künstlers. Im Laufe der Zeit kann man sich innerhalb des Teams hocharbeiten und bekommt möglicherweise die Chance auf selbstständige Manga-Projekte.
Schätzungen zufolge gibt es in Japan ständig einige Zehntausend Zeichenassistenten, von denen der größte Teil mangels Aufstiegschancen jedoch nach relativ kurzer Zeit wieder aussteigt. Auch die meisten der etwa 3.000 hauptberuflich tätigen japanischen Mangaka können ihren Lebensunterhalt nicht alleine durch Zeichnen bestreiten und sind daher auf Nebentätigkeiten oder finanzielle Unterstützung angewiesen. Nur etwa 300 Künstler können ausschließlich vom Manga-Zeichnen leben – als namentlich bekannte Mangaka mit lang laufenden Manga-Serien und großen Teams.
Manga internationalManga können laut Andreas Platthaus im Westen den Ruhm für sich in Anspruch nehmen, Comics (die zuvor eher an den Interessen männlicher Leser ausgerichtet waren) erstmals auch bei Mädchen und jungen Frauen beliebt gemacht zu haben. In Japan selbst ist dies nichts Ungewöhnliches, da dort spätestens seit den 1970er-Jahren auch gezielt Manga für Frauen produziert werden. Speziell im deutschsprachigen Raum hat dies aber mittlerweile sogar zu der weltweit einmaligen Auswirkung geführt, dass Manga überwiegend von weiblichen Lesern konsumiert werden.
Manga in den USADer erste in den USA veröffentlichte Manga war Barfuß durch Hiroshima, der 1978 von einer in San Francisco und Tokio tätigen Fan-Übersetzergruppe privat verlegt, aber nach kurzer Zeit wieder eingestellt wurde. Größere Verbreitung fanden bald darauf zwei Kurzgeschichten von Shinobu Kaze: Seine zehnseitige Geschichte Violence Becomes Tranquility erschien im März 1980 im Comicmagazin „Heavy Metal“, und die sechsseitige Geschichte Heart And Steel im Februar 1982 im Magazin „epic“. Im Dezember 1982 unternahm Educomics den Versuch, Barfuß durch Hiroshima unter dem Titel I Saw It erneut herauszubringen. In dem von Art Spiegelman herausgegebenen Avantgarde-Magazin RAW wurden im Mai 1985 mehrere Kurzgeschichten von Zeichnern des japanischen Magazins Garo veröffentlicht. Ab Mai 1987 erschien bei First Comics die Manga-Serie Lone Wolf & Cub, deren erste Bände aufgrund des großen Verkaufserfolges bereits nach kurzer Zeit nachgedruckt werden mussten. Noch im gleichen Jahr brachte Eclipse Comics die Manga-Serien Kamui, Mai the Psychic Girl und Area 88 als zweiwöchentlich erscheinende Comichefte heraus. Im Jahr 1988 folgte Marvel Comics mit der Veröffentlichung von Akira, das zu einem Wegbereiter der weltweiten Manga- und Anime-Verbreitung wurde.
Die ersten Manga in den USA waren zur Anpassung an die übrigen Comicpublikationen auf Albenformat vergrößert und auf westliche Leserichtung gespiegelt worden. In dieser Phase waren die meisten Manga-Figuren daher scheinbar Linkshänder, und japanische Schriftzeichen auf Schildern und Plakaten wurden seitenverkehrt abgedruckt. Als erste Manga-Serie in original japanischer Leserichtung in den USA erschien zwar bereits 1989 Panorama of Hell bei Blast Books, doch erst der Tokyopop-Verlag brachte ab 2002 Manga-Serien konsequent ungespiegelt heraus.
Im Jahr 2005 betrug der Umsatz des nordamerikanischen Manga-Marktes etwa 125 bis 145 Millionen Euro, und unter den 100 meistverkauften Comicbänden in den USA waren 80 Manga-Bände.
Manga in EuropaDie ersten Manga in Europa erschienen von Ende 1969 bis Ende 1971 in Fortsetzungskapiteln in einem französischen Kampfsportmagazin.
Der erste auf spanisch veröffentlichte Manga war die Gekiga-Kurzgeschichte Good-Bye von Yoshihiro Tatsumi im Jahr 1980 in Ausgabe Nr. 5 der Underground-Comiczeitschrift „El Víbora“, die Zeitschrift veröffentlichte im Laufe der nächsten Jahre weitere Geschichten dieses Zeichners. Als erste Manga-Serie auf Spanisch erschien ab 1984 Candy Candy Corazón.
1990 begann Glénat mit der französischsprachigen Veröffentlichung von Akira. Der Manga-Anteil am französischen Comicmarkt stieg von 10 % im Jahr 2001 auf 22 % im Jahr 2006.
Der Manga-Markt in Großbritannien entwickelte sich später als in den meisten übrigen europäischen Ländern. Während im Jahr 2001 etwa 100.000 Manga-Bände mit einem Gesamtumsatz von umgerechnet 2 Millionen Euro verkauft wurden, waren es im Jahr 2005 knapp 600.000 Manga-Bände mit einem Gesamtumsatz von umgerechnet 7,6 Millionen Euro. Die meisten Manga in Großbritannien werden aus den USA eingeführt, der erste britische Manga-Verlag wurde im August 2005 gegründet.
Manga in DeutschlandDie ersten in Deutschland veröffentlichten Manga waren die Einzelbände Barfuß durch Hiroshima – Eine Bildergeschichte gegen den Krieg von Keiji Nakazawa (Rowohlt Verlag 1982; ausführlichere Fassung vom Carlsen Verlag 2004), Heine in Japan von Keiko Ogata (Verlag der Goethe-Handlung Düsseldorf 1988) und Japan GmbH von Shōtarō Ishinomori (Verlag Norman Rentrop 1989), sowie ein Kapitel der Serie Kozure Ōkami unter dem Titel Der Wolf und sein Junges in der Comic-Anthologie „Macao“ (Borchert & Querengässer 1989; ausführlichere Fassung vom Carlsen Verlag 1996–1997, vollständige Fassung von Planet Manga seit 2003).
Während sich in anderen europäischen Ländern wie Italien und Spanien bereits seit Mitte der 1980er-Jahre ein rasch größer werdender Manga-Markt bildete, etablierte sich das Genre in Deutschland erst ab den 1990er-Jahren dauerhaft. Die erste vollständig auf Deutsch erscheinende Serie war ab 1991 Akira, und die Manga wurden zunächst nach amerikanischem und französischem Vorbild auf „westliche“ Leserichtung gespiegelt, auf Albenformat vergrößert und auf mehr Bände aufgeteilt. Die erste in original japanischer Leserichtung belassene deutschsprachige Veröffentlichung, die dreibändige Serie Genji Monogatari Asakiyumemishi, erschien bereits 1992 im Okawa-Verlag, der endgültige Durchbruch für ungespiegelte Manga kam aber erst Ende 1996 mit der Serie Dragonball des Carlsen-Verlags.
Mittlerweile erscheinen allein bei den größten deutschen Manga-Verlagen Carlsen Comics, Egmont Manga und Anime (EMA), Tokyopop, Planet Manga (Manga-Label von Panini Comics) und Heyne jährlich über 800 Manga-Bände. Beim Carlsen-Verlag wird außerdem das monatlich erscheinende Manga-Magazin Daisuki veröffentlicht. Nicht alle deutschen Manga-Projekte sind jedoch erfolgreich: So mussten beispielsweise die Manga-Magazine Manga Power und Manga Twister von EMA wegen unzureichender Verkaufszahlen und BANZAI! von Carlsen wegen Lizenzproblemen wieder eingestellt werden.
Die Entwicklung des Manga-Booms in Deutschland lässt sich zum Beispiel an den Umsatzzahlen des Carlsen-Verlags ablesen: Während der Verlag 1995 Manga für knapp 400.000 Euro verkaufte, lag sein Manga-Umsatz im Jahr 2000 bei über vier Millionen Euro und im Jahr 2002 bei über 16 Millionen Euro.
Im Jahr 2005 lag der Manga-Bruttoumsatz in Deutschland bei 70 Millionen Euro. Mit einem Zuwachs von 6,9 % war der Manga-Sektor 2005 der am stärksten wachsende Bereich des deutschen Buchmarktes, dessen Gesamtwachstum bei weniger als 1 % lag. Im Jahr 2005 war Egmont Manga und Anime (EMA) mit einem Jahresumsatz von 15 Millionen Euro Marktführer, im Jahr 2006 lag laut GfK-Angaben Carlsen Comics mit einem Marktanteil von 41 % knapp vor EMA (38 %).
Seit der Jahrtausendwende haben Manga auf etablierten deutschen Literaturveranstaltungen wie der Frankfurter Buchmesse und der Leipziger Buchmesse eigene Messebereiche. Seit einigen Jahren gibt es auch deutsche Manga-Auszeichnungen, wie die Kategorien „Manga/Manhwa international“ und „Manga-Eigenpublikation (national)“ des seit 2004 bestehenden Sondermann-Preises der Frankfurter Buchmesse und die 2006 ins Leben gerufene Kategorie „Bester Manga“ des Max-und-Moritz-Preises des Comic-Salons Erlangen. Außerdem werden offizielle Manga-Zeichenwettbewerbe initiiert, mit denen gezielt deutsche Nachwuchstalente gefördert werden sollen, wie etwa „Comics in Leipzig“ von der Buchmesse Leipzig, „Comic Campus“ von Egmont Manga & Anime und Stabilo oder „MangaMagie“ von den Bahnhofsbuchhandlungen Ludwig. Dabei hat sich gezeigt, dass der überwiegende Anteil deutschsprachiger Mangastil-Zeichner Mädchen und Frauen sind.
Bemerkenswertes * Der Begriff „Manga“ als Name für die Werke Hokusais wurde in der deutschsprachigen Kunstliteratur bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts verwendet, meist in der heute veralteten Schreibweise „Mangwa“.
* Die erste gegenwärtig bekannte Verwendung des Wortes „Manga“ (bzw. „Mangas“) in deutschsprachigen Medien als Kennzeichnung japanischer Comics findet sich in einer Sonderbeilage der Zeitschrift stern vom Juni 1977.
* Die Anspielung, dass in Japan angeblich mehr Papier für Manga verwendet wird als für die Herstellung von Toilettenpapier, beruht auf einem Zitat aus dem 1983 erschienenen Buch „Manga! Manga! The World of Japanese Comics“ von Frederik L. Schodt: „As some enterprising reporters have discovered, Japan now uses more paper for its comics than it does for its toilet paper.“ („Wie einige kühne Reporter aufgedeckt haben, verbraucht Japan mittlerweile mehr Papier für seine Comics als für sein Toilettenpapier.“). Obwohl Schodt damit nur eine satirische Bemerkung in einem japanischen Zeitungsartikel kommentiert hatte, wurde die Bemerkung wegen ihrer Einprägsamkeit offensichtlich als Tatsache angenommen. Der Vergleich ist im englischsprachigen Raum allerdings kaum verbreitet. Seine erste gegenwärtig bekannte deutschsprachige Erwähnung findet sich im Juli 1987 in einem Manga-Artikel der Zeitschrift Der Spiegel, seither ist der Vergleich in unzähligen deutschen Artikeln und Medienberichten über Manga zitiert worden.